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6-07-2000

Kolumne 26

Es ist in letzter Zeit viel über die Todesstrafe geredet worden. Das freut mich, aber ich bin besorgt darüber, daß sich die Aufmerksamkeit vorwiegend auf nur eines der Probleme der Todesstrafe (wenn auch ein wichtiges) richtet, damit aber anderen Bereichen Beachtung und Energie entzogen wird, die dies genau so sehr oder sogar mehr benötigen als der Teil, auf den sich alle Augen richten. Ich meine die Beachtung, die DNS-Tests als Beweis für die Unschuld von Leuten im Gefägnis oder im Todestrakt im Laufe der letzten paar Jahre erlangt haben. 
Versteht mich nicht falsch, in meinen Augen sind DNS-Tests eine großartige Möglichkeit um jemandes Unschuld zu beweisen und um Unschuldige aus den Gefängnissen und Todestrakten herauszubekommen. Was mich stört ist, daß alle Aufmerksamkeit auf die DNS-Tests gerichtet ist, während andere Probleme, die genauso wichtig sind, übersehen oder ignoriert werden. 

Die Nachrichtenmedien haben diesen falschen Eindruck hervorgerufen, DNS-Tests seien das Allheil- und Rettungsmittel in dem Bemühen, Unschuldige vor dem Gefängnis oder der Todeszelle zu bewahren. DNS-Tests sind wichtig, aber sie sind nur in einer geringen Anzahl von Fällen von Bedeutung. Für die meisten im Todestrakt und im Gefängnis spielen DNS-Tests keine Rolle bei ihrer Verurteilung und könnten weder Schuld noch Unschuld beweisen.

DNS-Tests sind in Ordnung was die enge Kathegorie an Fällen betrifft, wo sie eine Rolle spielen. Was mich beunruhigt ist, wie die Öffentlichkeit zu diesem Trugschluss zu kommen scheint, daß ‘wenn ein DNS-Test nicht Deine Unschuld beweist, dann musst Du schuldig sein’. Um aber die kürzliche Hinrichtung van Gary Graham in Texas als Beispiel zu nehmen: DNS hätte nicht seine Schuld oder Unschuld beweisen können, trotzdem gab es erhebliche Zweifel daran, daß er des Mordes schuldig war, für den er verurteilt und hingerichtet wurde. Der einzige Beweis gegen Gary Graham bestand in der Aussage einer fragwürdigen Augenzeugin, die persönlich die Einstellung hat: ‘Es gibt zu viele Revisionen, und es ist Zeit, alle Revisionen zu stoppen und mit der Hinrichtung der Leute anzufangen’. Schwerlich ein objektiver und glaugwürdiger Zeuge, besonders wenn man bedenkt, daß zwei andere Zeugen aussagten, Gary Graham sei nicht die Person, die sie am Ort des Verbrechens sahen.

Ein DNS-Test entlastet also nicht diejenigen, die Opfer einer falschen Identifikation oder von Fehlverhalten durch Polizei oder Anklagevertretung sind. Es gibt einen Report, der vor kurzem herauskam. Er betrifft die Ergebnisse einer Untersuchung der Todesstrafe in den USA. Dieses Untersuchungsergebnis schien eine Menge Leute zu überraschen. Der Report ist im Internet unter http://www.thejusticeproject.org zu finden. Der Bericht untersucht sämtliche Fälle von Todesstrafe von 1973-1995. In 68% der Fälle wurden Fehler gefunden, meist Inkompetenz der Verteidigungsanwälte oder Fehlverhalten der Polizei oder der Anklagevertretung. Außerdem werden auch Fehler durch die Gerichtshöfe erwähnt. Die Befürworter der Todesstrafe haben versucht, diese Studie zu diskreditieren, und sie bezeichnen sie als parteiischen Bericht. Es handelt sich aber um eine Untersuchung die entweder für den Kongress oder den Senat durchgeführt wurde, ich kann mich im Moment nicht erinnern, für welchen von den beiden.

Ich habe einen Artikel in einer Zeitung gelesen, wo der Sprecher einer ‘Gruppe für die Rechte von Opfern’ in dem Versuch, diese Studie in Miskredit, zu bringen sagte: ‘Es gibt keinen Beweis, daß jemals ein Unschuldiger in den USA hingerichtet wurde’. Dies ist typisch für die Schwindelstatistiken und die Fehlinformationen, die diese Gruppen so gerne als Beweise zur Untermauerung ihres verdrehten Realitätdverständnisses präsentieren. Dieser Sprecher weiß sehr wohl, daß es niemals weiterführende Ermittlungen in einem Fall gibt, nachdem jemand hingerichtet wurde. Es gibt also, ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld, keine weitere Untersuchung. Dies ist der Grund, warum es keinen Nachweis über die Hinrichtung eines Unschuldigen gibt. (Ich habe in #21 ein wenig darübwer gesprochen.) Es ist diese Sorte von Leuten, die Desinformation und irreführende Statistiken benutzen um ihre Argumente zu stützen, welche versuchen diese Studie und diesen Bericht zu diskreditieren. Wie heuchlerisch von diesen Gruppen, den Begriff ‘Gerechtigkeit’ in den Namen ihrer Organisationen zu benutzen. Wenn sie tatsächlich an Gerechtigkeit und Anständigkeit glaubten, dann täten sie alles, was in ihrer Macht steht, um sicherzugehen, daß keine weiteren Opfer geschaffen werden. Aber ihr Verständnis von Gerechtigkeit scheint sehr eingeschränkt und opportunistisch zu sein.

DNS-Tests sind prima um die Unschuld von Häftlingen in einigen Fällen zu beweisen, aber ich sehe, wie die Öffentlichkeit dazu gebracht wird zu denken, daß jemand schuldig sein muss, wenn kein DNS-Test ins Spiel kommt. Ich höre niemanden darüber sprechen, warum, wenn so viele Unschuldige aufgrund von DNS-Tests ihre Freiheit erlangen, in der Mehrheit der Fälle, wo nämlich DNS keine Rolle spielt, keine Fragen gestellt werden. Schließlich werden nicht nur in Fällen, wo DNS Bedeutung hat, Unschuldige zum Tode verurteilt. Es ist Tatsache, daß in den meisten Todesstrafen-Urteilen DNS überhaupt keine Beweiskraft hat. Der gesunde Menschenverstand zwingt zu der Einsicht daß, wenn die Unschuld so vieler Menschen in der GERINGEN ANZAHL VON FÄLLEN, wo DNS-Tests eine Rolle spielen, bewiesen werden kann, in den Fällen,wo DNS nichts über Schuld oder Unschuld aussagen kann, sogar noch genauer geprüft werden sollte. In diesen Fällen sollte besondere Sorgfalt angewandt werden, da es viel schwieriger ist, sicherzustellen, daß kein Unschuldiger verurteilt und hingerichtet wird. Dies lässt sich erreichen dadurch daß mehr Rechtsanwälte und Ermittler zur Verfügung gestellt werden, dadurch daß mehr Zeit und Mittel für die Revision zur Verfügung gestellt werden. Unglücklicherweise geht der Trend in Richtung weniger Zeit für Revisionen, und zu weniger Geld und Mitteln, die zur Verfügung stehen, damit man versuchen kann zu beweisen, daß man zu Unrecht verurteilt wurde.

Zu der Behauptung dieses Sprechers für die Rechte von Opfern, es sei nie bewiesen worden, daß in den USA ein Unschuldiger hingerichtet worden sei, ist noch etwas zu sagen. Ich las einen anderen Artikel über einen Mann in Texas, der vor ein paar Jahren hingerichtet wurde. Ich kann mich nicht an seinen Namen erinnern, aber er schwor, daß er unschuldig sei und bat um die Genemigung eines DNS-Testes. Gouverneur Bush verweigerte ihm den Test und ließ ihn hinrichten. Vor seiner Hinrichtung jedoch gab dieser Mann seinen Anwälten eine Probe von seinen Haaren. Er wollte sie nach seiner Hinrichtung getestet haben. Die Anwälte gingen nach der Hinrichtung zum Büro von Gouverneur Bush um das Beweismaterial (es befand sich im Besitz des Staates Texas) zu holen, damit der DNS-Test durchgeführt werden konnte um dadurch zu beweisen, daß George W. Bush gerade einen Unschuldigen getötet hatte. Aber plötzlich behaupteten Bush's Leute, das Beweismaterial sei ‘verloren gegangen’ und sie könnten es nicht zur Verfügung stellen - und dies, nachdem sich die Beweise alle diese Jahre in ihrem Besitz befunden hatten. Also konnten die Anwälte die Tests nicht machen lassen. Wie zweckdienlich für George Bush, daß dieses Beweismaterial ‘verloren ging’ und kein DNS-Test nachweisen konnte, daß man einen Unschuldigen umgebracht hatte. Ich nehme an, George Bush will sicherstellen, daß ihm niemand beweisen kann, daß er unrecht hat, wenn er behauptet, er habe niemals einen Unschuldigen hinrichten lassen. Vielleicht sollte er die ehrlichere und korrektere Behauptung benutzen, ‘niemand werde in der Lage sein ihm die Hinrichtung eines Unschuldigen nachzuweisen, wenn er das verhindern kann’.

P.S. Wenn Ihr Bush das nächste Mal im Fernsehen seht, schaut in seine Augen, und dann versucht mir zu erzählen, der Mann sei geistig gesund. Okay, für dieses Mal mache ich Schluss.

Frieden,
Dean